Laudatio zur Eröffnung der Ausstellung „auf papier“ von Michael Pleißner am 23. 02. 2024, gehalten von Klaus-Peter John

Das Ausstellungsplakat

Das ist nicht im Widerspruch zur Kunst, das ist im Gegenteil genau das, was Kunst bedeutet. Bedanken möchte ich mich beim Jens, dass er mich gefragt hat ein paar Worte zu finden. (…) Ich finde, dass genau der Ort hier richtig ist und das ist genau auf der Ebene wie auch Galerien stehen, was Kunst betrifft, weil hier sind Menschen oder Ihr seid auch Menschen. Wir haben unsere Sinnesorgane und da ist Kunst was ganz Besonderes, weil wir alle da drauf reagieren. Egal ob jemand selber Kunst betreibt oder nur, sag ich mal, aufnimmt, das ist eigentlich auch unwesentlich. Ich hab das in der Klinik oft, dass die Leute sagen, ach ich verstehe nichts von Kunst. Eine vollkommene sinnlose Aussage ist das, weil jeder Mensch mit seinen Sinnesorganen versteht etwas von Kunst, weil, wenn ihn etwas abstößt und er sagt: „Das finde ich widerlich“, ist das genauso richtig, wenn einer begeistert ist und er sagt, „Oh, das ist Wahnsinn“, ja. Also alles spielt zusammen. Und bei Micha jetzt ist es so, also um jetzt zu Michael gleich rüber zu kommen, wollte ich erst kurz sagen, wie wir zusammen gekommen sind.
Die Kristin, seine Frau hat 1997 , wollte sie eine Ausstellung machen, kam mit den mit diesen Collagen. Ich war erst mal dankbar weil Collagen gar nicht so häufig waren. Also mit Kunst mit Collagen gab es gar nicht so viele Leute, die das gemacht haben und ja ich war eigentlich sofort begeistert und es war eine tolle Ausstellung und da hat Michael mit gemacht und ich hab dann immer gedacht, wo ist denn der Michael und zur Eröffnung kam er natürlich auch nicht. Ich will damit sagen, er hat seinen Fokus immer hauptsächlich eben auf die Kunst, das zu leben, also nicht als etwas nebenher oder macht Spaß oder mal ein bisschen Beschäftigung und so gelegt. Er hat das wirklich gelebt und betrachtet das immer als das Leben selbst und das ist auch in den Arbeiten alles drinne. Jedenfalls ist es dann so weit gekommen, wie es eben keine Zufälle gibt, entschuldigt, das ist jetzt meine Meinung.
Ich denke immer, das sind alles mathematische Abläufe und entweder lösen sich die wie eine mathematische Aufgabe sich dann löst  oder nicht, jedenfalls einen weiteren Freund den Michael Barthel, lernte ich kennen, der wohnte in dem Haus. Da kam raus, das da der Michael Pleißner wohnt. Und dann habe ich ihn so zu sagen kennen lernen können. Durch diese Freundschaften und es waren eigentlich, da weiß ich gar nicht , was ich sagen soll, sein Leben. Jedenfalls ist er ja dann auch umgezogen, das waren tolle Hausgemeinschaften mit Freunden und auch künstlerisch sehr aktiven. Alle die waren alle aktiv künstlerisch, musikalisch, experimentell und Collagen und es kam alles zusammen und passte auch alles irgendwie zusammen.
So und in seiner neuen Wohnung ist nun  folgendes passiert: ich kenn die Wohnung von Anfang an und da entstand plötzlich eine zweite Stadt. Also eine Stadt, die es gar nicht gibt, in der Stadt in der er lebt, also mit Büchern, Bildbänden zu Türmen und man musste sich praktisch den Weg bahnen durch die Stadt und das Schöne, das Persönliche war eben, wenn man ihn besuchte gab es immer einen Tee mit Honig und das war toll und Gespräche. Und ich dachte, das ist eigentlich alles, was man braucht, gute Gespräche, einen guten Tee und umgeben von Kunst. Ich habe mich da wohl gefühlt. Jedenfalls sind so die persönlichen Dinge entstanden. Na ja, der Bezug zu Michael. Ja das ist ja im Prinzip, ich sag mal, eine Freundschaft aber dann frage ich mich immer, was ist heute eine Freundschaft, wo alle oder viele , auf Facebook sagen: sie haben Freunde, wenn da Bilder aufklicken. Da habe ich gedacht, na ja, kann man, darüber müsste man noch einmal extra reden. Was ist denn Freundschaft, was ist der Begriff heute. Was ist der Wert des Begriffs oder sind es wirklich nur Bildchen. Mit Micha sind es eben nicht Bildchen, das ist schon sehr persönlich, würde ich sagen. um das einmal einzuordnen, vorsichtig, ohne jetzt was zu behaupten. Ja die Arbeiten, ich bin froh, das die hier hängen, genau hier, wie gesagt, weil ich denke, Ihr habt auch alle Sinnesorgane in Schuss soweit oder zumindest, was Kunst betrifft eine Sensibilität. Das ist ja wichtig, man muss sensibel sein und sehen können zum Beispiel, gut hören können. Aber hier bei den Arbeiten ist natürlich das Sehen das Wesentliche. Man muss Sehen können und dann muss man auch mit sich selber immer, also man muss das auch pflegen. Ich hab das erlebt, wenn ich mit meinem Sohn unterwegs war, dass der schon besser gesehen hat wie ich.

Man denkt dann so als Erwachsener, ja also man denkt gar nicht darüber nach. Aber dann plötzlich durch so ein Kind wird man dann immer wieder rückgeholt und denkt, Mensch, der sieht das, ich habe das gar nicht gesehen. Also ich nehme mich praktisch da auch nicht aus, das trifft mich genauso. Das Sehen muss man schulen und muss man immer fit halten, muss immer wieder gucken, ja. Und man darf eben an solchen Arbeiten nicht einfach vorbei gehen. Man muss auch mal eine Zeit sich nehmen und mal rein steigen, was da passiert, ja. Und das geht nur über das Sehen bei den Arbeiten hauptsächlich. Die Vielzahl, was er praktisch in seiner kleinen Stadt hat, ist hier ein bisschen angedeutet, mit Objekten.
Er hat viele Objekte gemacht. Er hat Riesenschiffe aus Teebeuteln, das hat mich total begeistert, das hat eine super Plastik . Die Dinge stehen für sich und die Wertigkeit steht für sich da kommt es nicht darauf an, das Museum sagt das und die wollen nicht und ja, wir müssen uns auch klar machen, wir leben in einer Gesellschaft, wo es nur noch ums Geld geht und natürlich gucken alle auf den Kunstmarkt und die Wertigkeit kommt über den Kunstmarkt und denken, die Wertigkeit kommt über den Kunstmarkt aber da soll man sich nicht irritieren lassen, das stimmt nicht. Natürlich sind die Galerien wichtig. Sie  sind wichtig im Konzept von Kunst immer, wesentlich aber sie sind es nicht allein, also sie haben kein Alleinstellungsmerkmal. Diese Dinger, die überall laufen sind genauso wesentlich und das ist auch hier wie eine Drainage wie ein Mosaik, die ganze Kunst ist so, nicht nur die Collagen vom Michael. Und was mir auffällt, er hat als Grundlage oft die perfekten Fotografien aus Hochglanzzeitschriften, aus Prospekten genommen, ja. Also praktisch die Sehnsucht der Menschen nach dem perfekten Bild, was es gar nicht gibt, mit dem wir jeden Tag  (lachen) konfrontiert werden, ja. Alle wollen ein perfektes Bild. Das gibt es im ganzen Universum nicht. Diese unperfektionierte, sag mal das Unperfektionierte ist eigentlich das Perfekte, weil das das zeigt, was wir sind, ja. Das ist nicht das, was wir sehen wollen oder das wir zeigen wollen, das es gar nicht gibt. Und Michael macht in diesen Arbeiten, sehe ich sehr viel jetzt Ästhetiken , die sind so hochwertig, ohne jetzt in die Details zu gehen. Aber dieses Zerreißen, diese Perfektion zusammenzufügen zu einem Bild, was es im Universum einmalig dann gibt. Also, wenn wir die Bilder hier sehen, dann müsst Ihr Euch klar machen, die gibt es im ganzen Universum nie wieder. Das sind wie kleine, also nicht Fenster, so Risse ins Universum und ihr könnt da rein gucken. So sehe ich seine Arbeiten. Und die haben also für mich so eine Tiefe. Da muss man aber wirklich auch ein bisschen sich Zeit nehmen und auch bissel sensibel versuchen, mal zu gucken und da geht’s nicht darum, gefällt mir das oder gefällt mir das nicht, das ist überhaupt kein Aspekt bei solchen Arbeiten.
Oder hier diese tollen, na ja, es sind Relikte fast, fast wie so ein Andachtsraum, so eine Andacht wo man nicht weiß, ja für was ist die Andacht denn da, für was? Ja, also diese Piktogramme und Zeichen, Zeichen, die nicht für  was stehen, was, ich sag mal für ’ne Religion, die jetzt, so zu sagen, die Zeichen benutzt, ja. Zeichen, die eigentlich für die Phantasie da sind. Für das was unbeschreiblich, ist was wir alles gar nicht wissen.
Ich war letztens in einem anatomischen Vortrag von einem Freund in der Uniklinik und der ist dort, der ist dort Dozent an der Anatomie und der hat den Vortrag den Studenten gehalten, begreiflich gemacht, dass wir ganz wenig wissen. Wir haben im Körper festgestellt, Zellen kann man , so wie sie sind, ohne dass sie wachsen, künstlich nachbauen, ja. Vollkommen verrückt also, das fand ich also spannend, dass der jungen Menschen, sprich Studentinnen und Studenten das nahe gebracht hat, als Dozent, dass er im Prinzip kaum was weiß, ja. Also es ging jedenfalls um den Körper, der enthält 70% Wasser und das ist für mich auch alles nicht fassbar. Aber das Fassbare d.h. das Unfassbare ist ja auch das Schöne. Man darf nicht, so wie wir aufwachsen in der Schule und unser Umfeld, da wird es immerzu als was Beängstigendes dargestellt, dass man was nicht weiß, ja aber das Nichtwissen das ja auch ein Schatz das Geheimnisvolle, wo man sagt: oh, wie ist denn das, wie früher die Leute in die Sterne geguckt haben. Jetzt guckt gar keiner mehr rauf, die gucken alle so ( Anm. auf das Handy), ja. Diese geheimnisvollen Sachen  verschwinden und Michael hat die hier, das würde ich so sagen, für mich zumindest so. Ich kann die Menge gar nicht erfassen, es ist eine ungeheuere Menge, die er hier hat. Da kann ich sicher eine Stunde vorher mal gucken, das ist unglaublich, ja. Und auch die Einladungskarte, das ist so schön, also dieses Geheimnisvolle, was da drinne steckt. Kalligraphie verbunden, also ohne dass man die Schrift liest, das ist einfach schön, ja. Und diese Dinge spielen finde ich eine wesentliche Rolle und für Michael, um das zusammen zu fassen, der lebt das, der lebt das und zwar ohne wenn und aber und ganz konsequent. Und da habe ich volle Hochachtung, voll. Und solche Menschen sind einfach auch eine Bereicherung. Also nicht nur die Arbeit, sondern auch wenn es solche Menschen gibt. Das würde ich jetzt zu diesen Arbeiten sagen.

Transkript: Martin Baier 29. 02. 24

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08. 03. 2024

Diana Stegemann, durch blick galerie
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